Einwohnerantrag zum fünfjährigen Mietstopp im Gemeinderat gescheitert – trotzdem ein Erfolg für die Mieterbewegung!

Eine Einschätzung

Vorab: Wir können die Ergebnisse der gestrigen Sitzung, am 26.5.20, getrost als einen Riesen-Erfolg der Freiburger Mieterbewegung feiern.

  • Seit Jahrzehnten haben wir gefordert, dass die wichtigen mietenpolitischen Entscheidungen nicht vom Aufsichtsrat der Stadtbau in geheimer Sitzung, sondern in öffentlicher Sitzung vom Gemeinderat entschieden werden müssen – gestern so beschlossen!
  • Seit Jahrzehnten fordern wir die Rücknahme des unsäglichen Beschlusses, dass die Stadtbau bei ihrer Mietgestaltung bis an die Grenzen des Mietspiegels gehen soll – gestern so beschlossen.

 

Auch die Entscheidung, dass in der Gesamtheit die FSB Mieten 25% unter denen des Mietspiegels liegen sollen, ist gegenüber der vorherigen Praxis ein Riesenerfolg. Dennoch ist die Berechnung falsch und das Festhalten einer Orientierung am Mietspiegel ebenfalls. So wirklich zufrieden können wir hier nicht sein, eine Verbesserung zum vorherigen Zustand ist es allemal.

Schließlich ist der „Sozialbonus“, der besagt, dass jemand, der einen Wohngeldantrag stellt und dessen Miete bei einer Mieterhöhung mehr als 30% seines Einkommens ausmachen würde, von einer Mieterhöhung ausgenommen wird, im Prinzip eine gute Sache und etwas, das vom Mietenbündnis im Prinzip seit jeher gefordert wird. Schade, dass auch hier die Höhe nicht ausreichend ist, die Berechnung und das Verfahren unausgegoren sind und dieser Beschluss alternativ zum Mietpreismoratorium unseres Einwohnerantrags gestellt wurde. Für einige der Ärmeren ist diese Entscheidung sicherlich sehr positiv. Allerdings: Dies ist kein Beitrag gegen die Mieterhöhungsspirale in unserer Stadt, diese läuft munter weiter.

Auch der Beschluss, dass die Stadtbau nun 75% Mietwohnungen bauen soll und nur noch 25% Eigentumswohnungen, statt 60:40 wie bisher, ist ein Schritt in die richtige Richtung. In Anbetracht der Tatsache, dass tatsächlich von der FSB in den nächsten 10 Jahren nur 2.500 neue Wohnungen gebaut werden (und dafür gut die Hälfte abgerissen wird, sodass es nur eine Nettoerhöhung von ca. 1.200 Wohnungen geben wird, in 10 Jahren!), während wir 10.000, ja eher 20.000 neue Mietwohnungen brauchen, ist jede Mietwohnung die zugunsten einer Eigentumswohnung nicht gebaut wird, eigentlich ein Skandal. Und 250 neue Wohnungen pro Jahr (bei viel Abriss!) als Mietbau-Offensive zu bezeichnen, zeigt, dass die Gemeinderatsmehrheit immer noch nicht begriffen hat, wie ernst die Lage und die Wohnungsnot sind.

Erwartungsgemäß sind wir in der Frage des Einwohnerantrages gnadenlos gescheitert. Nicht einmal „Hilfsanträge“ von EineStadtFürAlle und JUPI, wenigstens eine kürzere Verlängerung des Mietstopps zu beschließen, fand eine Mehrheit. Für unseren Einwohnerantrag stimmten nur 6 Vertreter von EineStadtFürAlle (Monika Stein war entschuldigt nicht anwesend), ALLE anderen Gemeinderät*innen haben den Einwohnerantrag abgelehnt! Dies liegt sicher auch daran, dass wir es nicht geschafft haben, insbesondere der SPD zu vermitteln, dass ihr „Sozialbonus“ Konzept und der Einwohnerantrag sich hätten ergänzen müssen und nicht alternativ gegenübergestellt.

Dennoch glaube ich, dass es richtig war, diesen Einwohnerantrag zu stellen. Es ist gut und wichtig, dass der GR sich – und zwar auf Druck der Betroffenen hin – mit dem Thema beschäftigen musste. Und mittelfristig wird auch der Auftritt des Mietenbündnisses vor dem Gemeinderat (positive) Wirkung hinterlassen. Die tollen Redebeiträge von Markus (IG BAU) und Melanie (FSB-Mieterbeirat) werden nicht deshalb vergessen sein, weil unser Antrag keine Mehrheit fand … Unsere Argumente, sachlich und überzeugend, aber auch mit viel Herzblut und Empathie vorgetragen, werden in vielen Köpfen weiterwirken. Markus und Melanie, Euch beiden einen ganz herzlichen Dank, Ihr habt das Mietenbündnis toll vertreten!

Venceremos!

Freiburg, den 27. Mai 2020, für das Mietenbündnis, HstG

Anlagen: Reden vom Mietenbündnis am 26.5.20
200526_Rede_Markus_Eberl_vor_GR
200526_Rede_Melanie_Bruder_vor_GR