Mieten-Manifest

Dauerhaft bezahlbare Wohnungen für alle!      (ebenso als pdf)

Ein Gespenst geht um in Freiburg – das Gespenst der Wohnungsnot.
Der Markt hat versagt! Es ist höchste Zeit, dass die Stadtgesellschaft in Freiburg zusammensteht und dieser Entwicklung in Solidarität und Verantwortung Einhalt gebietet.

Wohnen ist Menschenrecht! Jeder Mensch hat das Recht auf eine angemessene, bezahlbare Wohnung:

1. Mieterhöhungen stoppen!
Die Stadt Freiburg, die genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen aber auch die gewerbliche Wohnungswirtschaft sind aufgefordert, die Mieterhöhungsspirale zu stoppen. Unser Grundgesetz verpflichtet die Gemeinden, aber auch die Wirtschaft, das Allgemeinwohl und die Würde der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Der Mietenwahnsinn muss beendet werden. Wir wollen, dass die Mieter*innen nicht mehr als 27 % ihres Netto-Einkommens für die Miete ausgeben.

2. 20.000 zusätzliche soziale Mietwohnungen mit dauerhafter Sozialbindung!
Laut einer wissenschaftlichen Studie der Hans-Böckler-Stiftung vom Herbst 2018 (1, 2) fehlen in Freiburg mehr als 20.000 Wohnungen für Mieter*innen mit durchschnittlichem und niedrigem Einkommen. Hierfür bedarf es einer offensiven Liegenschaftspolitik, des Kaufes von Belegungsrechten, gerechter Tauschkonzepte, Erhaltung preiswerter Bestandswohnungen, aber auch eines ökologisch vertretbaren Neubaus dauerhaft wirkender Sozialwohnungen. So wenig wie es „Gerechtigkeit auf Zeit“ geben kann, darf es zeitlich befristete soziale Mietpreisbindungen für die Wohnungen geben. Auslaufende Sozialbindungen im Wohnungsbestand müssen verlängert werden. Bereits ausgelaufene Sozialbindungen nicht nur bei der Stadtbau oder bei Genossenschaften müssen wieder in den Sozialen Wohnungsbau zurückgeführt werden.

3. Bodenspekulation verhindern!
Städtische Baugrundstücke dürfen nur noch über Erbbaurecht an gemeinwohlorientierte Bewerber*innen vergeben werden, die vorrangig keine Gewinne erzielen wollen, zum Beispiel Projekte des Mietshäusersyndikats, kleine Genossenschaften und andere nicht-gewinnorientierte Gruppen und Organisationen. Die Höhe des Erbbauzinses muss sozial verträglich sein, die Stadt darf damit keine Gewinnabsichten verbinden.

4. Mindestens 50 % dauerhafter sozialer Mietwohnungsbau
Neue Wohnbauprojekte im Dietenbach, aber auch z.B. im Stadtteil Stühlinger müssen auch für die Zukunft für alle Schichten und Bevölkerungsgruppen bezahlbar sein. Der Gemeinderatsbeschluss, in allen Neubaugebieten mindestens 50% geförderten dauerhaften Mietwohnungsbau zu berücksichtigen, muss ausnahmslos umgesetzt werden. Die Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, z.B. Kindergärten oder Schulen sind über Steuern zu finanzieren, statt durch den Verkaufserlös der städtischen Grundstücke.

5. Eine vorausschauende, offensive Liegenschafts- und Wohnraumpolitik
Freiburg braucht eine vorausschauende, offensive Liegenschafts- und Stadtentwicklungspolitik, die u.a. durch Vorkaufsrechte, Milieu- und Erhaltungssatzung, Instandsetzungsgebote sowie andere rechtliche und politische Mittel bestehende Nachbarschaften und Quartiere schützt und fördert. Leerstände und andere Formen der Zweckentfremdung müssen zügig und konsequent bekämpft werden. Quartiersarbeit (Gemeinwesenarbeit) ist in allen Stadtteilen einzurichten und zu fördern.

6. Die Stadtbau als ein soziales Dienstleistungsunternehmen
Die Freiburger Stadtbau GmbH muss wieder ein soziales Dienstleistungsunternehmen werden, das sich an den Bedürfnissen breiter Schichten der Bevölkerung, aber gerade auch der Schwächeren in unserer Stadt orientiert. Das Mietenmoratorium/der Mietstopp ist um fünf Jahre zu verlängern. Gemeinsam mit dem Mieterbeirat der Stadtbau sind für die aktuellen Miethöhen der Wohnbestände Mietsenkungen zu prüfen. Weil im Mietspiegel nur die veränderten Mietpreise sowie Neuvermietungen einfließen, wird die Freiburger Stadtbau aufgefordert, ihre Mieten um jeweils 1 Cent zu senken, um so auch diese Bestandsmieten in den Mietspiegel einzubringen.
Neubauprojekte der Stadtbau dürfen nicht länger über Mieterhöhungen der Bestandsmieter*innen finanziert werden. Kommunaler Wohnungsbau ist eine gesamtstädtische und gesellschaftliche Aufgabe. Er muss durch die gesamte Bürgerschaft finanziert werden, anstatt dies zumindest teilweise den Mieter*innen zusätzlich aufzubürden.

7. Vonovia u.a. in die Pflicht nehmen
Die großen Wohnungsbauunternehmen wie Vonovia, Deutsche Invest Immobilien GmbH (DII) sind längst in den politischen Fokus gerückt. Allenthalten erleben deren Mieter*innen was passiert, wenn die Rendite im Vordergrund steht. Eine Überführung in Gemeineigentum dieser Wohnungen ist anzustreben. Sozialverpflichtung geht vor Gewinnerzielung! Art. 14 und 15 des Grundgesetzes müssen verteidigt und konsequent angewandt werden.

8. Eine neue soziale Wohn-Bau-Genossenschaft für alle
Seit dem 19. Jahrhundert galten Genossenschaften als eine gute Alternative auch zum privatwirtschaftlichen Wohnungssektor. Diese demokratischen und sozialen Ideale gilt es wieder zu aktivieren. Gerade Genossenschaften müssen vorbildliche Mietverhältnisse schaffen. Sie dürfen nicht länger an der Mieterhöhungsspirale mitdrehen. Dies gilt einerseits für die bestehenden großen Wohnbaugenossenschaften, die sich in den letzten Jahren häufig nicht mehr erkennbar von profitorientierten Wirtschaftsunternehmen unterschieden, andererseits müssen zur Bewältigung der großen Wohnungsnot neue von allen Mieter*innen mitzugestaltende Genossenschaften gegründet werden.
In der besten demokratischen Tradition unserer Stadt (vgl. Münsterbau, die Ursprünge der Stadtbau im 19. Jahrhundert oder „Energie in Bürgerhand“) könnte die Bürgerschaft durch eigene Kapitaleinlagen und persönliches Engagement eine „neue soziale Wohnbaugenossenschaft für Alle“ (Arbeitstitel) gründen, um den großen Bedarf sozial nachhaltiger Wohnanlagen zu schaffen.

9. Baumaßnahmen in Freiburg: sozial UND ökologisch nachhaltig
Beim Neubau, bei der Bewirtschaftung oder bei der Sanierung der Wohnungen ist ein verantwortungsbewusster Umgang mit Boden, Energien und Baustoffen dringend geboten. Dies schließt die Nutzung regionaler Baustoffe und lokaler Unternehmen, insbesondere aus dem regionalen Handwerk, ebenso ein wie gerechte, gesunde und tariflich geregelte Arbeitsverhältnisse. Bei der Vergabe und Durchführung von Bauaufträgen ist die Einhaltung dieser Kriterien, insbesondere der Tariftreue, sorgfältig einzufordern und zu überwachen.
Bei Neubaugebieten sind soziale und ökologische Aspekte, wie Flächenverbrauch etc. sorgfältig abzuwägen. Das Menschenrecht auf Inklusion muss in der Wohnungswirtschaft durchgesetzt werden, das betrifft nicht nur die Barrierefreiheit sondern auch umfassend die Teilhabe der Menschen, die immer wieder benachteiligt und diskriminiert werden.

10. Im Städtetag für mehr sozialen und ökologischen Mietwohnungsbau
Die Stadt muss all ihre zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (z.B. Städtetag) dafür einsetzen, dass Bund und Land zügig mit weitaus größeren Programmen flächendeckend einen neuen dauerhaft sozialen, ökologischen und gemeinnützigen Wohnungsbau schaffen. Die Rechte der Mieter*innen sind durch Gesetzesänderungen zu verbessern. Sie müssen vor Verdrängung und zu hohe Mieten besser geschützt werden. Nicht zuletzt sind die Mietspiegelparagraphen im BGB so zu verändern, dass alle existierenden Mietverhältnisse einzubeziehen sind.

Um diese notwendigen Ziele zu erreichen, schließen sich verschiedene Initiativen, Organisationen und Bürger*innen in Freiburg zu einem „Mietenbündnis bezahlbare Wohnungen für Alle“ zusammen. Sie setzen sich zum Ziel, in einem öffentlichen Diskurs eine breite Mehrheit für dieses Programm zu gewinnen. Dabei sollen die Selbstorganisationen und Interessensvertretungen der Mieter*innen, analog den Betriebsräten und Gewerkschaften, in ganz Freiburg gefördert werden (z.B. Mieterbeiräte mit Mitbestimmungsrechten; Genossenschaften, Syndikate etc.). Zu erreichen sind diese Ziele nur durch das Zusammenwirken möglichst vieler gesellschaftlicher Kräfte und Organisationen, die sich in bürgerschaftlicher Verantwortung und solidarischer Verantwortung dieser großen Aufgabe stellen.
Nur gemeinsam können wir das schaffen.